Über Kirchen-Abschied, Kirchen-Kredit und Kirchen-Filter
Vor einer Woche, kurz vor seinem 90. Geburtstag, verstarb Karlheinz Deschner, der wohl bedeutendste deutsche Kirchenkritiker der letzten Jahrzehnte. Im vergangenen Jahr vollendete er sein Opus Magnum, die zehnbändige "Kriminalgeschichte des Christentums".
Was das mit Hugendubel zu tun hat? Gibt man den Namen des Autors im Online-Shop bei Thalia ein, erscheinen 41 Titel. Treffer bei Hugendubel.de: ein einziges Buch mit dem allerdings schönen Titel "Nur Lebendiges schwimmt gegen den Strom". Für den Infoblog-Leser/in der hier mittlerweile erschienenen
28 (!) Artikel zum Thema Zensur nichts Neues.
28 (!) Artikel zum Thema Zensur nichts Neues.
Soll hier rechtzeitig zum wichtigsten Fest des Christentums - nein, nicht Weihnachten, sondern Ostern - mal wieder kräftig gegen Kirche und Kirchenfilter polemisiert werden? Nicht unbedingt.
Denn wir wollen im Gegenteil eine Frohbotschaft verkünden, die auf die Hugendubel-Betriebsöffentlichkeit in Gestalt des himmlischen Sendboten RL Blenninger am Rande der letzten Betriebsversammlung in einem Nebensatz auf uns herabgekommen ist:
Halleluja, der Kirchenfilter soll bald verschwinden!
Und der ebenfalls auf der Betriebsversammlung anwesende Nitz bekräftigte diese Aussage durch freudig-erregtes Nicken: ja, der ökonomisch unsinnige und imageschädigende Kirchenfilter soll bald der Vergangenheit angehören. Derselbe Nitz, der in den vergangenen Jahren auf Nachfragen hin sich dumm stellte, lavierte und sich aus der Peinlichkeit irgendwie nichtssagend herauswinden wollte? Ja, genau der.
Das Murren der Lämmer
Und die anwesende Belegschaft, die vorher noch brav-abnickend Nitzens Erzählung lauschte, wie der hartgesottene Hugendubel-Manager mit mindestens ebenso hartgesottenen Schörghuber-Managern verhandelt (und sie dabei zugleich mit einem Fingerschnipsen in lauter kleine Unternehmerlein verwandelt), schwieg andächtig zu allem. Vier Jahre, pardon, verarscht von der GL? Macht doch nichts. Sind wir nicht alle wieder eine große Hugendubel-Familie? Nur die eine tapfere Betriebsrätin, die diese unglaubliche Informationspolitik nicht einfach so durchgehen lassen wollte, bekam den Unmut in Form lauten Murrens zu spüren. Und die Solidarität der restlichen BR-Mitglieder hielt sich bis auf eine Ausnahme wie immer in engen Grenzen.
Komm, erzähl´ mir eine Geschichte!
Als er am 25. Februar auf dem gesetzeswidrigen Mitarbeiterabend am Marienplatz dem anwesenden Publikum aus herbeizitierten Führungskräften und neugierigen MitarbeiterInnen die Story von der großen Errettung und der Heimkehr in den Schoß des (nicht besonders familienfreundlichen) Familienunternehmens Hugendubel erzählte, bekam er dafür starken Beifall. Zu diesem Zeitpunkt wußte er bereits, was er exakt einen Monat später dem Betriebsrat und der MPL-Belegschaft verkündete: den Exitus der "Firmen-DNA" (Hugendubel), das Ende des Marienplatzes. Der Applaus bei der GL-Veranstaltung wäre mit Sicherheit erheblich gedämpfter ausgefallen, wenn den Anwesenden mitgeteilt worden wäre, daß sie sich allesamt auf einem sinkenden Flaggschiff befinden.
Vielleicht hätte Herr Hugendubel auch in bezug auf die Bewertung des kirchlichen Kreditangebots der zweiten Tranche ("brauchen wir nicht") seiner Gutsherrenart etwas mehr Selbstbeschränkung auferlegt.
Denn nach Aussage von Nitz bei der letzten Betriebsversammlung hätte Hugendubel, ohne die erste 10-Mio-Tranche Insolvenz anmelden müssen. Interessant, daß man das en passant auch mal erfährt. Von der Informationsverpflichtung gegenüber dem Wirtschaftsausschuß ganz zu schweigen. Aber wir wollen doch die schöne neue Familien-Harmonie nicht dadurch stören, oder?
Wem müssen wir die Füße küssen?
Damit kommen wir wieder zum Ausgangspunkt zurück.
Müssen wir der Kirche wg. der Millionen-Salbung nun die Füße küssen, wie manche meinen?
Nein, müssen wir nicht. Die Kirche hat jahrelang als Mit-Eigentümer der Firma Hugendubel sich einen Dreck um die sozialen Belange der Beschäftigten gekümmert. Die Sozialtarif-Kommission wurde jahrelang mit fadenscheinigsten Ausflüchten hingehalten. Eine plötzlicher Kontakt mit dem Betriebsrat erfolgte dann zu einem späten Zeitpunkt so geschmeidig schnell, weil man sich noch einen guten Abgang verschaffen wollte. Dafür wäre eigentlich wie bereits im Vorjahr der Pontius-Pilatus-Preis fällig, zur Abwechslung diesmal vielleicht an Ihro Hochwohlgeboren Generalvikar Prof. Dr. Dr.Dr. Dr. Dr. Beer.
Die Kirche hat damit eine große Chance verpaßt, nach ihrem Weggang etwas bleibend positives im Sinne der katholischen Soziallehre zu hinterlassen. Aber warum sollte sie bei den Hugendubel-Beschäftigten etwas verwirklichen, was sie (wie auch ihre evangelische Schwesterkirche) auch sonst nirgends praktiziert? Die öffentliche Reaktion auf das unlängst verbreitete Sozialwort der beiden Kirchen spricht Bände: Das Papier sei "weichgespült und teilnahmslos", sagte der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach dazu.
Es spiegele das saturierte Milieu derer, die es geschrieben hätten, wieder. »Das ist ein Blick von einem anderen Stern auf die gesellschaftliche Lage.«