Beim Kampf um die Marktührerschaft im digitalen Lesen wird mit harten Bandagen gekämpft.
Amazon bietet eine Einsteigerversion des Kindle für 49 Euro an, Thalia macht sich mit einer ziemlich cleveren Kampagne über den Kindle lustig ("Der Kindle auf der Flucht"). Auch Weltbild hat sich für das Tolino-Marketing eine Super-Idee ausgedacht: den Blog (!) www.ebook-reader.de.
"eBook-Reader.de", so die Selbstauskunft, "ist Ihr Blog mit allen interessanten und wichtigen Informationen rund um das Thema eBooks und eReader. Wir stellen Ihnen neue eBook-Reader Modelle vor, informieren Sie über die besten eBook-Schnäppchen und stehen Ihnen auch bei Problemen mit Ihrem eBook-Reader mit Rat und Tat zur Seite. Zudem helfen wir Ihnen auch bei der Kaufentscheidung für einen eReader..."
So weit, so gut. Dass es sich bei dem Blog um einen von Weltbild lancierten Blog handelt, fällt dem normalen Leser nicht auf. Es sei denn, er verfügt über Buchhandelskenntnisse und schaut ins Impressum:
"ebook-reader.de ist ein Service der Verlagsgruppe Weltbild GmbH".
Da der Weltbild-Tarnkappen-Blog Neutralität vorgaukelt, kommt es deshalb zu folgender "Test"-Wertung:
"Vollendetes Lesevergnügen” heißt es schon in der Überschrift des Artikels über den Amazon Kindle Paperwhite. Im Text spart Weltbild dann nicht mit Schmeicheleien: Die Inbetriebnahme sei “sehr leicht und unkompliziert”, das Design wirkt “sehr edel”, “Schriftbild, Kontraste und Schärfe lassen (…) kaum Wünsche offen”. Höhepunkt: “Die Funktionen des Kindle Paperwhite sind äußerst vielfältig. Besonders lobenswert ist die Shopanbindung, dank welcher man sich schnell und unkompliziert eBooks von Amazon herunterladen kann.” Weltbild-Mitarbeiter "Felix" kommt zu folgenden "Gesamturteil":
"Zusammenfassend kann man sagen, dass der Amazon Kindle Paperwhite eBook-Reader nicht umsonst zu einem der beliebtesten überhaupt gehört. Auch auf testberichte.de findet man ausnahmslos positive Stimmen."
"Zweifelhafte Firmenpolitik"
Dieses absurde Eigentor von Marketing deckte das Online-Magazin www.lesen.net vor einigen Tagen auf.
"Nachdem wir bei Weltbild anfragten", so die Redakteure des Online-Magazins, "ob die Seite wie im Impressum ausgezeichnet wirklich vom Augsburger Unternehmen betrieben wird (wir konnten es nicht glauben, zumal die Domain einer Münchener Limited gehört), wurde der wohlwollende Kindle-Paperwhite-”Testbericht” vom Netz genommen. Er ist aber noch über den Google Cache lesbar. Nach wie vor online ist der Testbericht zum hauseigenen Tolino Shine, dem in bester journalistischer Manier bescheinigt wird, “eine durchaus ernst zu nehmende Konkurrenz für den Kindle aus dem Hause Amazon” zu sein."
"Ob man sich", so die Redaktion von www.lesen.net unter der Kapitelüberschrift "zweifelhafte Firmenpolitik", "mit pseudo-journalistischen Angeboten glaubhaft ausgerechnet gegen den vermeintlich gesichtslosen Konkurrenten Amazon abgrenzen kann – wir haben unsere Zweifel."
Wir auch.